Meinung: Wenn Werbung spaltet

Es war alles nur ein Scherz. Ja, liebe Leser, es bleibt alles beim Alten. Scrabble heißt weiter Scrabble. Mattel hat sich mit den Fans des Buchstabenspiels einen Scherz zum Jubiläum erlaubt. Auch ich bin auf diesen „Prank“ (um mal in der Jugendsprache des Mattel-Spaßes zu bleiben) hereingefallen und habe mich an dieser Stelle vorgestern noch mächtig aufgeregt. So etwas passiert.

Mr. MeepleUnd im Prinzip ist damit auch genau das geschehen, was der Hersteller beabsichtigt hatte. Denn mal ehrlich, liebe Leser: Wann haben Sie zuletzt an Ihr Scrabble-Spiel gedacht oder gar mit Freunden über das Spiel gesprochen? In den vergangenen Monaten sicher nicht. Doch kaum droht die Umbenennung einer Art Kulturgutes, haben sich alle aufgeregt, ich eingeschlossen. Und fast alle haben über das geredet, was davor für die meisten ziemlich uninteressant war: Scrabble. Den Shitstorm im Netz hat Mattel bewusst einkalkuliert, gar erhofft. Im quantitativen Ergebnis ein richtiger Volltreffer. Aber qualitativ? Darüber lässt sich streiten. „Genialer Coup“, jubeln die einen. „Schlechter Scherz mit peinlicher Ausführung“, sagen die anderen.

Ich bin das etwas zwiegespalten. Natürlich ist es eine sehr gute Idee gewesen, den Klassiker Scrabble wieder in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken. Die Art und Weise aber finde ich persönlich sehr unglücklich. Und ungewöhnlich aufwendig. Für einen Scherz extra ein Video drehen, einen Rapper als „Paten“ der Umbenennung engagieren – viel Aufwand, um einen Shitstorm zu produzieren. Und ein bisschen zu peinlich: Die Sprache in Pressemitteilung und Video wirkt albern. Es ist eben subjektiv, was lustig ist und was nicht. Genau deshalb gehen solche Werbeaktionen schnell daneben.

 

Ergebnis gut, Ausführung ungenügend

Zumal es eine offizielle Pressemitteilung gab und Mattel die Umbenennung öffentlich verkündete. Das führte dazu, dass das Thema nicht nur in den Sozialen Medien diskutiert wurde, sondern sich auch (oder gerade) klassische Nachrichtenportale wie faz.net oder Spiegel online auf die Meldung stürzten. Selbst der italienischen (!) Ausgabe der Euronews war die Sache eine Meldung wert. Soweit hat der Hersteller scheinbar alles richtig gemacht.

Das Problem: Vor allem die klassischen Medien bescheinigten Scrabble, dass das Spiel seine besten Zeiten hinter sich habe. Umbenennung hin oder her. Negative Publicity also. Ob Mattel das gewollt hat? Hinzu kommt, dass einige Medien berichteten, ihnen sei die Umbenennung auf Nachfrage telefonisch von Mattel bestätigt worden. Genau da wird es schwierig: Eine Pressemitteilung sollte einer Sachprüfung standhalten. Es wurden wohl einige Redaktionen skeptisch und fragten nach. Wie man es als Journalist korrekterweise machen sollte. Eine Chance auf korrekte Berichterstattung gab es trotz Recherche indes nicht. In Zeiten von Fake News sollten sich Unternehmen vorher fragen: Will ich mich da einreihen? Das ist eine Frage der Abwägung – sicher. Aber dann muss man damit leben, wenn eine solche Aktion als „sehr schlechter Marketing-Gag“ betitelt wird.

Geschätzte Leser, ich bleibe bei meiner Meinung von vorgestern: So sollte man es nicht machen.

Ihr Mr. Meeple

Mattel-Prank: Scrabble bekommt keinen neuen Namen

 

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